Rotes Meer: Transportversicherer ziehen die Zügel weiter an

Während Reedereien dank wachsender Marinepräsenz im Roten Meer versuchen, wieder mehr Schiffe durch den Bab al-Mandab und den Suezkanal zu schicken, machen die Versicherer ihnen dabei einen Strich durch die Rechnung. Auf dem Foto ist der von den Huthi am 19. November 2023 entführte Autotransporter „Galaxy Leader“ zu sehen. Das Schiff befindet sich seitdem offenbar im jemenitischen Hafen Hodeidah und dient als Touristenattraktion. (Foto: Foto: EPA-EFE / YAHYA ARHAB)
26. Februar 2024 | von Michael Hollmann
In den vergangenen Wochen kündigten viele Schiffsversicherer die Kriegsdeckungen in den Policen für Fahrten ins südliche Rote Meer und den Golf von Aden auf. Der Wiedereinschluss des Risikos kommt nach Angaben aus Maklerkreisen so teuer, dass Fahrten durch das Risikogebiet nicht mehr zu konkurrenzfähigen Preisen angeboten werden können.

Die Kündigungen, die zahlreiche Versicherer und Assekuradeure aus Großbritannien, Skandinavien und den Niederlanden per 20. Februar getätigt haben, betreffen ein spezielles Haftungssegment: die kriegsbezogenen Deckungen in kommerziellen P&I-Policen (Haftpflicht) für Charterer und Reedereien.

Die Leistungen greifen bei Kriegsschäden in der Schifffahrt, die den Wert des betroffenen Schiffs übersteigen. Das kann etwa bei Havarien der Fall sein, die schwere Umweltschäden oder Wrack-Beseitigungen nach sich ziehen. Beispiel: Ein versenktes oder ausgebranntes Schiff muss für 20 Millionen Euro aus dem Meer beseitigt und entsorgt werden, der Schiffswert beträgt aber nur 5 Millionen Euro. Aus normalen Kriegspolicen („Primary“/Hull War) bekäme die Reederei die 5 Millionen Euro für den Schiffswert erstattet, vom P&I-Versicherer die übrigen 15 Millionen Euro.

Rückversicherer entziehen die Deckung
Nach der Kündigung durch die kommerziellen P&I-Versicherer, die hauptsächlich kleinere Handelsschiffe bis 20.000 tdw Tragfähigkeit versichern, müssten betroffene Reedereien die 15 Millionen Euro selbst bezahlen. Für viele Unternehmen würde dies den Bankrott bedeuten.

Die P&I-Versicherer waren gezwungen, den Ausschluss vorzunehmen, weil ihnen selbst von den großen Rückversicherern die Deckung dafür entzogen wurde. Beide Seiten haben sich aber darauf geeinigt, dass ein Wiedereinschluss des Risikos für einzelne Fahrten gegen eine Zusatzprämie erfolgen könne.

„Nach den ersten Quotierungen, die wir gesehen haben, ist der Preis viel zu hoch. Für die meisten Schiffe, die davon betroffen sind, lohnt sich ein Transit durch das Risikogebiet nicht mehr“, sagt ein norddeutscher Versicherungsmakler, der mehrere betroffene Flotten betreut, gegenüber der DVZ.

Für einen kleineren Mehrzweck-Schwergutfrachter liege die geforderte Prämie bei 8.000 Euro – zusätzlich zur primären Seekasko-Kriegsversicherung, die inzwischen mit 0,5 bis 1 Prozent des Schiffswerts pro Transit zu Buche schlage. Damit bringe die Abkürzung durch das Rote Meer für diese Schiffsklasse finanziell keinen Vorteil mehr, so der Makler. (ol)